Der Kommissionsbericht ist nun fertig und kann zur Diskussion gestellt werden. (siehe unten)
Für die Phase 3 sind nun zwei weitere Aspekte geplant:
I. Es soll nach Lösungen gesucht werden. Z.B. Privilegierte Partnerschaft? Kerneuropa vs. Europa der Peripherie? etc.
II. Des Weiteren können wir in einigen Wochen spanische Schüler begrüßen. Dieses Thema könnte dort angesprochen und diskutiert werden. Vielleicht haben die Spanier eine völlig andere Wahrnehmung des Falles. ??
Empfehlungsbericht zur Konfliktfrage:
Soll die Türkei in die EU aufgenommen werden?
„Die Türkei ist der Europäischen Union trotz zahlreicher Entgegenkommen kulturell, wirtschaftlich und politisch noch immer zu fremd. Religiöse und kulturelle Unterschiede, das damit verbundene innenpolitische Gefahrenpotential, die schwer abschätzbaren finanziellen Kosten etc. überwiegen die Vorteile eines EU-Beitritts der Türkei.“
Diese Worte äußern Kritiker der CDU/CSU/FDP Regierung (2009-2013) zur Frage, ob die Türkei ein Vollmitglied in der Europäischen Union (EU) werden solle oder nicht. Die CDU/CSU/FDP Regierung sieht diese Aufnahme also sichtlich sehr fraglich. Aber würde ein Beitritt der Türkei in die Europäische Union (EU) wirklich nur Nachteile für die Mitgliedsländer der Europäischen Union bewirken? Im folgenden Text wollen wir dieser Frage nachgehen und uns sowohl mit den positiven, als auch negativen Aspekten bei einem Beitritt der Türkei in die EU befassen. Um die Thematik besser nachzuvollziehen, wollen wir nun noch einen kurzen Einblick in die Situation der Türkei im Bezug auf den Beitritt in die Europäische Union (EU) zeigen:
Die Türkei hat am 14. April 1987 erstmals ihren Beitritt zur Europäischen Union (EU) beantragt. Im Dezember 1999 wurde die Türkei als Beitrittskandidat anerkannt. Die Türkei musste sich damit an den gleichen Kriterien messen lassen, die für alle Beitrittsländer gelten:
Die Verhandlungen werden erst aufgenommen, wenn die Türkei die Kriterien des Europäischen Rats von Kopenhagen erfüllt. Der Europäische Rat von Kopenhagen hat nun im Dezember 2002 beschlossen, auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung der Europäischen Kommission Ende 2004 über den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu entscheiden. Die Europäische Kommission prüft und bewertet - wie bei allen anderen Kandidatenländern –nun in jährlichen Berichten die Fortschritte der Türkei. Sofern die Kopenhagener Kriterien erfüllt wären, könnten dann Beitrittsverhandlungen beginnen. In ihrem Fortschrittsbericht 2003 bescheinigt die Kommission der Türkei erhebliche Fortschritte bei der Erfüllung der Kopenhagener Kriterien, kommt jedoch zum Ergebnis, dass die Türkei die politischen Kriterien noch nicht in vollem Umfang erfüllt. Sie weist darauf hin, dass die ungelöste Zypern-Frage ein ernsthaftes Hindernis für die EU-Annäherung der Türkei bedeuten könnte. Am 17. Dezember 2004 hat die EU nach mehrjährigen Vorgesprächen der Türkei zugesagt ab 3.Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Die Europäische Union hat dann im Herbst 2005 die versprochenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufgenommen, die sich über die kommenden 10 bis 15 Jahre erstrecken sollen. Der frühest mögliche Beitrittstermin für die Türkei in die Europäische Union liegt daher im Jahr 2015.
Aber nun zurück zur Frage: Soll die Türkei Vollmitglied der Europäischen Union werden?
Es gibt zweifellos viele Punkte die dafür sprechen, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen, welche wir im Folgenden nennen werden.
Die Acquis-Kriterien erfüllt die Türkei soweit, da die Türkei die europäische Identität gar nicht schwächen kann, da in der Europäischen Union keine wirkliche gemeinsame Identität was Kultur und Religion betrifft, besteht. Die EU hat zwar gleiche politische Prinzipien wie z.B. Demokratie oder die Wahrung der Menschenrechte, es kann sich aber jedes Mitgliedsland der EU im Bezug auf seine Religion und Kultur frei entfalten und ist in diesem Punkt nicht eingeschränkt, sofern es die politischen Grundsätze wahrt. Die Türkei ist daher eher eine Chance für die EU, ihre Identität zu erweitern.
Der Kritikpunkt, dass das „Wir-Gefühl“ der EU bei einem Beitritt der Türkei in die EU geschwächt werden würde, ist somit nicht nachzuvollziehen, da kein starkes europäisches „Wir-Gefühl“ (da keine gemeinsame Identität) vorhanden ist.
Außerdem kann der Beitritt in die EU die Integration der in Europa lebenden Türken fördern, da sich die türkische Bevölkerung dann vollkommen akzeptiert fühlt.
Nun kommen wir zu den wirtschaftlichen Vorteile die ein Beitritt der Türkei in die EU mit sich bringen würde. Wie zum Beispiel der wichtige Aspekt, dass die Türkei die Öl und Gasversorgung, auf Grund ihrer geographischen Lage, in der EU verbessern kann und mithilfe der Türkei der europäische Binnenmarkt ausgedehnt werden kann und schon wird.
Des Weiteren ist die Türkei ein großer Markt voller zahlungskräftiger Kunden und somit kann die Türkei die Wirtschaft der Europäischen Union stärken, wenn auch nur gering.
Die Befürchtung, dass ein Beitritt zur Überbevölkerung von Türken in andere europäische Länder führt, ist abzuwenden, indem man die Beispiele der früheren Beitritte von anderen Ländern wie zum Beispiel Spanien, Portugal usw. betrachtet. In diesen Ländern führte der Beitritt zur Europäischen Union nicht zu dem Wunsch der Bürger ihr Land zu verlassen und in anderen EU-Ländern auszuwandern, da mit dem Beitritt Arbeitsplätze für beide Seiten geschaffen wurden und die Menschen deswegen keinen Grund sahen, ihr Land zu verlassen.
Außerdem bemüht sich die Türkei wirtschaftlich sowie politisch stark Verbesserungen zu erreichen, um die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen.
Die Türkei strebt seit der Gründung der Republik eine europäische Politik an. Ihr Ziel ist es nämlich ihr Entwicklungsniveau auf das der zeitgenössischen Zivilisation, welches Westeuropa nach ihren Vorstellungen verkörpert, anzuheben. Die Türkei orientiert sich somit an der Europäischen Union und will deswegen die Vollmitgliedschaft in der EU, um die verfolgte europäische Politik vollkommen durchzusetzen, zu stärken und ein Vorbild für andere islamistischen Staaten im Nahen und Mittleren Osten zu werden.
Dass die Türkei bei einer Ablehnung in das islamistische Lager abdriften könnte ist sehr unwahrscheinlich, da die Reformen zur Verbesserung der wirtschaftlichen und politischen Lage der Türkei laut den türkischen Politiker trotzdem weitergeführt werden sollen.
Die Abschaffung der Todesstrafe, die Eindämmung der Macht des Militärs, die Stärkung der Rechte und der kurdischen Bevölkerung und eine allgemeine Rundumerneuerung der Strafgesetze sind nur Beispiele des Maßnahmenpakets, welches die Türkei ergreift um der EU entgegenzukommen.
Trotzdem könnten bei einer Ablehnung der Vollmitgliedschaft der Türkei verheerende Folgen auftreten. Die Folgen wären nicht nur eine Demütigung der Türkei, sondern würden auch die radikalen Kräfte in der Türkei stärken, da die innere Stabilität geschwächt werden würde. Dies würde negative Folgen für die Europäische Union haben und würde außerdem auch noch zu einer Einflusslosigkeit im lebenswichtigen Mittleren und Nahen Osten führen.
Ein weiteres positives politisches Argument für eine türkische Mitgliedschaft ist, dass die Türkei einen geostrategischen Vorteil hat, da sie an den Nahen Osten angrenzt. Dadurch hat die EU die Möglichkeit diese instabilen Verbindungen zu stärken und somit eine größere politische Stabilität in diesem Gebiet zu erreichen.
Außerdem spielt die Türkei eine wichtige militärische Rolle in der NATO und zeigt somit eine Bereitschaft Frieden zu schaffen und diese NATO Mitgliedschaft zeigt, dass die Türkei schon Mitglied in einer Verbindung mit den EU-Staaten ist und sich für andere Länder einsetzt.
Im Zusammenhang mit der NATO hat sich die Türkei in der Vergangenheit militärisch sowie außenpolitisch als verlässlicher Partner erwiesen.
Warum also sollte man den Türken die Vollmitgliedschaft zur Europäischen Union verweigern?
Die Gründe gegen einen Beitritt der Türkei in die Europäische Union werden nun im folgenden Text aufgeführt.
Zwar laufen Reformen in der Türkei zur Verbesserung in politischen und wirtschaftlichen Situationen, dennoch ist der größere asiatische Teil der Türkei konservativ und anti-westlich eingestellt. Nur der kleine Teil der Türkei, welcher in dem geographischen Europa liegt hat liberale Ansichten.
Da das Militär immer noch eine sehr wichtige Rolle in der Türkei hat, ist die Türkei wirtschaftlich nicht selbstständig und stark genug die Kosten dafür aufzubringen. Sie muss Kredite bei den USA aufnehmen, um die türkische Armee unterhalten zu können.
Wie gerade dargestellt, hat die Türkei somit eine niedrige Wirtschaftsleistung, welche noch weit hinter der von Bulgarien und Rumänien liegt.
Der finanzielle Haushalt der EU reicht nicht aus, um die Kosten bei einem Beitritt der Türkei abzudecken, da die Türkei eine wenig wettbewerbsfähige Agrarwirtschaft besitzt und laut Agrarkommissar Fischler (2004) die Aufnahme der Türkei in die EU bis zu 45 Millionen Euro allein an Agrarbeihilfen kosten würde.
Durch die große Regionalfinanzierung der Türkei müsste man die Unterstützung der anderen Fördergebiete in der EU vernachlässigen, welche den betroffenen Ländern nicht zuzumuten sei.
Da sie dadurch geschwächt werden würden, würde insgesamt der Haushalt der EU noch weiter verschlechtert werden.
Dabei drängt sich die Frage auf, ob die Türkei sich richtig in die EU integrieren kann, obwohl sie nicht oder nur schwer die anderen Kulturen und Religionen in ihrem Land akzeptieren können. In der Türkei herrscht also eine herrschende Rangordnung. Die Muslime gelten dort als Bürger erster Klasse und die Minderheiten, wie zum Beispiel die Kurden, Alewiten, Armenier und Juden, sind ihnen untergeordnet. Diese Rangordnung entspricht nicht den europäischen Werten, da nach den Kopenhagener Kriterien die Minderheiten geachtet und geschützt werden müssen und nicht untergeordnet sein sollten.
Des Weiteren gibt es im eigenen Land innenpolitische Unruhen wegen eben dieser Rangordnung, ein Beispiel dafür ist die Kurdenfrage.
Ein weiteres Argument, was dagegen spricht, ist die Sonderrolle des türkischen Militärs, das immer noch einen zu großen Einfluss auf die Politik hat und bis vor kurzem eine Gleichberechtigung gegenüber der demokratisch legimitierten Regierung besaß. Dies entsprach nicht den europäischen Vorstellungen von einer intakten Innenpolitik und die türkische Regierung versuchte durch zb. das Abschaffen der Gleichberechtigung der Türkei gegenüber der Regierung diese Sonderrolle des türkischen Militärs aufzuheben und ihren Einfluss drastisch zu senken. Dies gelang ihr auch weitgehend, der „Staat im Staate“ hat stark an Einfluss verloren, jedoch ist das Militär immer noch das Staatorgan, welches die Türken am meisten anerkennen und ihm vertrauen.
Außerdem setzt die Türkei andere Prioritäten in der Außenpolitik als die EU-Länder.
Die Verteidigung der Interessen der islamischen Länder ist beispielsweise keine Priorität der türkischen Außenpolitik.
Die Behauptung, dass der Beitritt einen „Clash of Civilizations“ (Kampf der Kulturen) verhindern würde, ist zu bestreiten, da es wohl kaum die Vorurteile gegenüber der anderen Kultur aus der Welt schaffen würde.
Des Weiteren würde die Türkei in der EU-Politik durch die große Bevölkerung bei qualifizierten Mehrheitsbeschlüssen einen großen beziehungsweise einen zu großen Einfluss haben, was das Gleichgewicht der EU-Ländern durcheinander bringen würde und vielleicht auch zu falschen Entscheidungen führen könnte.
Bei einem Beitritt der Türkei in die EU ist es möglich eventuell in Konflikt mit den feindlichen Nachbarländer der Türkei zu geraten, da diese die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union als Vertrauensbruch verstehen könnten.
Ein weiterer negativer Aspekt ist, dass die Türkei trotz Aufforderung durch die EU keine moralische Verantwortung für die Menschenrechtsverletzung der Armenier übernimmt, dh. der türkische „Stolz“ bzw. die türkische Religion tritt immer wieder in Konflikt mit den Menschenrechten. Ein weiteres Beispiel hierfür ist zum Beispiel das islamische Frauenverständnis, welches nicht wie von den Menschenrechten bestimmt, eine Gleichberechtigung jedes Individuums gewährleistet. Islamische Frauen werden oft unterdrückt, haben weniger Rechte und werden in einigen Fällen sogar gezwungen Kopftücher zu tragen oder sie werden zwangsverheiratet, um die „Familienehre“ durch einen falschen z.B. nicht islamischen Partner zu beschmutzen. Außerdem gibt es immer noch weitere nicht akzeptable Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, es werden zum Beispiel Menschen in Gefängnissen misshandelt und gefoltert.
Es ist daher auch fraglich, ob die Türkei die Reformen aus eigenen Interessen durchführt oder ob die Regierung nur auf die Forderungen der EU reagiert und den notwendigen gesellschaftlichen Wandel gar nicht sieht.
Nach Betrachtung der negativen als auch positiven Aspekte bei einem Beitritt der Türkei als Vollmitglied in die Europäische Union, kommen wir zu dem persönlichen Entschluss, dass die EU zwar positive Vorteile durch eine türkische Vollmitgliedschaft haben würde, aber diese so gering sind, dass die Nachteile deutlich überwiegen.
Außerdem ist die Türkei jetzt schon stark in die EU integriert und ein Beitritt würde die Sache zwar vertiefen aber die Vorteile der EU dadurch nicht verbessern. Es ist fragwürdig, ob eine Vollmitgliedschaft der Türkei wirklich nötig ist um die Vorteile von den jeweils anderen zu ziehen.
Wir sind gegen einen Beitritt, da die Türkei sich zwar bemüht, die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen, aber in dem politischen und wirtschaftlichen Kriterium erhebliche Mängel aufweist.
Da die institutionelle Stabilität durch die immer noch vorhandene große militärische Rolle in der Türkei nicht vorhanden ist und durch die Rangordnung die Minderheiten nicht geachtet und geschützt werden. Selbst das, was nach außen hin als erfüllt, beziehungsweise verbessert, angesehen wird, ist bei näherer Betrachtung oft nur Schein und keine Realität.
Außerdem erfüllt die Türkei das wirtschaftliche Kriterium nicht, da die Türkei zwar den EU-Binnenmarkt stärken würde, aber keinesfalls die Fähigkeit besitzt, dem Wettbewerbsdruck innerhalb des EU-Binnenmarktes standzuhalten.
Allein das Acquis-Kriterium erfüllt unserer Meinung nach die Türkei genügend.
Außerdem sind die positiven politischen Argumente sehr schwach und wiederlegbar.
Außerdem sind die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei nicht zu akzeptieren und ein Vollmitglied der EU kann keineswegs solche unakzeptablen Vorgänge, wie die bei den Menschenrechtsverletzungen vorhanden sind, dulden. Aber einer der wohl ausschlaggebendsten Gründe ist die finanzielle Unmöglichkeit, die Türkei in die EU aufzunehmen, da sie stark finanziell unterstützt werden müsste und man die Hilfe für andere schwächeren EU-Länder nicht mehr gewährleisten könnte.
Aus diesen Gründen empfehlen wir den Antrag der Vollmitgliedschaft der Türkei vorerst abzulehnen, bis die Türkei die Anforderungen der Kriterien wirklich in die Realität umgesetzt hat. Wenn dies geschehen ist, kann die Türkei wieder einen Antrag stellen und es ist schließlich möglich, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen.